Volksbühnen-Tage #2, 8. bis 16. Februar 2024

8. Februar 2024, 19.30h, Druckereihalle/Ackermannshof Basel (freier Eintritt/Kollekte)
Balagan ein Film von Andreas Veiel über ein Theaterstück des Ensembles von Akko/Acre.

Der Film Balagan dokumentiert das israelische Theaterstück „Arbeit macht frei“ (1995/1996) und dessen Schauspieler*innen. Es ist ein Theaterstück über die Gegenwärtigkeit des Holocaust in der israelischen Geschichte, und obwohl das Theaterstück vor 25 Jahren erarbeitet wurde, ist es nach wie vor ein wichtiger Beitrag, um das Heute besser zu verstehen.
 
Der Film schafft es mit grosser Sorgfalt die Komplexität der Geschichte wiederzugeben, er durchbricht viele Tabus und geht in die Konflikte hinein, ringt um sie. Das Theaterstück ist ein Beispiel dafür, was Kunst leisten kann, um sich mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen, wenn sie es schafft, die eigenen Wunden und Verletzungen zum Thema zu machen und den Konflikten nicht auszuweichen.
 
Der Regisseur Andreas Veiel wird zum Gespräch anwesend sein.

9. Februar 2024, 19.30h, Druckereihalle/Ackermannshof Basel (freier Eintritt/Kollekte)
Was geschah 1967 …? Ein Gespräch mit Shimon Levy

Shimon Levy, Theaterregisseur, Übersetzer und Aktivist, hat unser Stück „Shengal – die Kraft der Frauen“ ins Hebräische übersetzt.  Er gehört zur ersten Generation, der in Israel geborenen jüdischen Bevölkerung. Er ist in Jerusalem aufgewachsen, er war Offizier im Sechstagekrieg, wurde danach Aktivist und einer der ersten die die Rückgabe der besetzten Gebiete forderte.

Zitat „Warten auf Godot“ von Samuel  Beckett
VLADIMIR: Lasst uns etwas tun, solange wir die Chance haben…. an diesem Ort, in diesem Moment der Zeit, ist die ganze Menschheit wir, ob wir wollen oder nicht. Lasst uns das Beste daraus machen, bevor es zu spät ist! Lasst uns ein einziges Mal die üble Brut, zu der uns ein grausames Schicksal gemacht hat, würdig vertreten! Was sagt ihr dazu?

Dr. Shimon Levy ist emeritierter Professor an der Theaterabteilung der Universität Tel Aviv und war deren Vorsitzender. Zu seinen Veröffentlichungen gehören drei Bücher über Samuel Becketts dramatische Werke sowie über jüdisches und hebräisches Drama und Theater. Sein Buch Israeli Theatre erschien zuerst in Ramalla, auf Arabisch (2007). Sein Buch The Bible as Theatre wurde ins Englische und Polnische übersetzt. Levy hat Artikel auf Hebräisch, Englisch und Deutsch veröffentlicht; er hat Stückesammlungen von Beckett, Pinter, Tabori und anderen übersetzt, herausgegeben und vorgestellt. Er hat über 140 Stücke ins Hebräische übersetzt, darunter alle Dramen von Beckett, und führte Regie für Radio und Theater in Israel, der Schweiz, Deutschland,Holland und Kanada. Er war künstlerischer Leiter des alternativen israelischen Fringe Theatre Festivals. Bis 2017 gehörte er dem Direktorium des Festivals an, trat aber aus Protest gegen rechtsreligiöse Zensurbestrebungen zurück. Levys „Dual Solitudes“ über den palästinensisch-israelischen Konflikt wurde Dutzende Male in Victoria, Kanada, Basel, Tel Aviv und anderswo aufgeführt – mit jüdischen, christlichen und muslimischen Schauspielern.

15. Februar 2024, 19.30h, Druckereihalle/Ackermannshof Basel (freier Eintritt/Kollekte)
Die Nicht-Anerkennung der Nakba (palästinensische Vertreibung) im öffentlichen Diskurs und Leben – Sarah El Bulbeisi im Gespräch

Die Massenvertreibung von 1947/48 markierte für die Palästinenser*innen ein kollektives und individuelles Trauma. Ca. 800’000 Palästinenser*innen, das war die Hälfte der damaligen Bevölkerung, wurde aus ihrer Heimat vertrieben. Die Nakba steht zwar in engster Verflechtung mit der Geschichte des Deutschen Nationalsozialismus, bis heute wird sie aber nicht nur nicht als Teil der europäischen Geschichte erinnert, sondern auch aus dem kollektiven Gedächtnis und öffentlichen Diskurs ausgegrenzt.
Das Tabu der traumatischen Gewalt gegen Palästinenser*innen ist in Deutschland und der Schweiz tief verankert. Die nicht Anerkennung ihrer Vertreibung führte zu einer Verneinung ihres Seins, ihres Schmerzes, zu einem nicht Vorhandensein, das über Generationen weitergegeben wurde.
 
Sarah El Bulbeisi spricht über die Folgen der Tabuisierung der Nakba für Palästinensischer*innen in Deutschland und der Schweiz.
Sie berichtet wie für Palästinenser*innen und deren Kinder, im Exil die Gewalt nach der Vertreibung anhält. Die koloniale Erfahrung im historischen Palästina, die Zerstörung der palästinensischen Identität und Gesellschaft im Exil, wurde auf einer symbolischen Ebene fortgesetzt. Das Tabu „Palästinensisch sein“ ist auch der Ausdruck einer Ideologie weisser Vorherrschaft, die nicht als solche erscheinen will.
 
Ihr Buch „Tabu, Trauma und Identität: Subjektkonstruktionen von Palästinenser*innen in Deutschland und der Schweiz, 1960-2015“, basiert auf Gesprächen, Lebensgeschichten und teilnehmender Beobachtung und erforscht die Auswirkungen der Tabuisierung palästinensischer Gewalterfahrung und Identität auf Palästinenser*innen in Deutschland und in der Schweiz.

Sarah El-Bulbeisi studierte an der Universität Zürich. Sie arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Nah- und Mitteloststudien der Ludwig-Maximilians-Universität in München und leitete das DAAD-Projekt »Gewalt, Zwangsmigration und Exil: Trauma in der arabischen Welt und in Deutschland«, einen Hochschuldialog zwischen palästinensischen und libanesischen Universitäten sowie der LMU München. Seit 2019 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Orient-Institut Beirut tätig, mit den Schwerpunkten Postcolonial Studies, Gender Studies und Psychoanalyse.

16. Februar 2024, 19.30h, Druckereihalle/Ackermannshof Basel (freier Eintritt/Kollekte)
Antifaschistische Erinnerungspolitik angesichts der Kriege und Krisen – Ein Gespräch mit Ingrid Bauz

Sie ist Generalsekretärin des internationalen Mauthausen Komitees. Wir sprechen mit ihr über die Bedeutung antifaschistischer Erinnerungspolitik angesichts der Kriege und Krisen.
Das Konzentrationslager Mauthausen bei Linz mit den zirka 46 Aussenlagern in Österreich bestand von August 1938 bis Mai 1945. Es galt als Lager der Stufe III, was meint „Rückkehr unerwünscht“. Insgesamt waren über 195’000 Menschen jeglichen Alters und Geschlechts aus mindestens 40 verschiedenen Nationen inhaftiert. Unter ihnen waren viele politische Gegner*innen, Spanienkämpfer*innen, sowjetische Kriegsgefangene, Jüd*innen, Sinti und Roma, Homosexuelle … Etwa die Hälfte davon haben die mörderischen Lebens- und Arbeitsbedingungen nicht überlebt.
Das Internationale Mauthausen-Komitee wurde 1944 als illegale, internationale Widerstandsorganisation im Konzentrationslager Mauthausen gegründet. Nach der Befreiung wurde es zur internationalen Vereinigung der Überlebenden, in der sie sich gegen Nationalismus und für die Verteidigung der Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit und Frieden einsetzte und kontinuierlich an die Verbrechen des Nationalsozialismus erinnert. Aktuell sind im internationalen Komitee 16 aktive Mitgliedsländer vertreten.
Wir möchten mit Ingrid Bauz über die Bedeutung antifaschistischer Erinnerungspolitik und Widerstand angesichts der aktuellen Kriege und Krisen sprechen.
 
Im Anschluss an die Veranstaltungsreihe werden wir eine 3-tägige Reise nach Mauthausen organisieren, Termin noch offen. Interessierte können sich gerne bei uns melden.